“Eigent­lich möch­te kei­ner eine Umweltzone”

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Umweltzone.jpgMit die­sen Wor­ten brach­te Det­lef Gerdts, Fachs­be­reichs­lei­ter „Grün und Umwelt“ der Stadt­ver­wal­tung Osna­brück, die Pro­ble­ma­tik auf den Punkt. Einer­seits soll die Schad­stoff­be­las­tung in Osna­brück ver­rin­gert wer­den, ande­rer­seits sol­len für die Bür­ger aber mög­lichst kei­ne Nach­tei­le ent­ste­hen. Letz­te­res wur­de vor allem vom Vor­stands­mit­glied des ADAC Weser-Ems e.V., Tho­mas Burk­hard, gefor­dert. Vor der Ent­schei­dung im Stadt­rat, ob in Osna­brück eine Umwelt­zo­ne ein­ge­führt wer­den soll­te oder nicht, infor­mier­te sich die Osna­brü­cker Jun­ge Uni­on gemein­sam mit der CDU unter der Lei­tung des Kreis­vor­sit­zen­den der CDU, Burk­hard Jasper.

Betrof­fen von einer Ein­füh­rung einer Umwelt­zo­ne wären etwa 3.500 osna­brü­cker Fahr­zeu­ge, die mit der Norm „Euro 1“ oder „Euro 0“ bereits von Beginn an nicht mehr in der Zone fah­ren dürf­ten. Es ist offen­sicht­lich, dass gera­de die­se Fahr­zeu­ge von sozi­al Schwä­che­ren gefah­ren wer­den. Nicht zuletzt, um eine Benach­tei­li­gung die­ser Men­schen — in Form einer Ein­schrän­kung der Mobi­li­tät — mög­lichst zu ver­hin­dern, ver­su­chen Osna­brü­cker CDU-Poli­ti­ker Alter­na­ti­ven mit in die Über­le­gung einzubeziehen.
Eine Nach­rüs­tung älte­rer Fahr­zeu­ge ist in vie­len Fäl­len nicht mög­lich, etwa bei sol­chen, die nur in gerin­gem Umfang pro­du­ziert wur­den. Bei allen ande­ren wür­den für den Besit­zer – trotz steu­er­li­cher För­de­rung – Kos­ten in Höhe von etwa 400- 500 € ent­ste­hen. Vor allem klei­ne Unter­neh­mer, die nur einen Lie­fer­wa­gen haben, wür­den von einer Umwelt­zo­ne ein­ge­schränkt, da sie zwangs­wei­se in ein neu­es Fahr­zeug inves­tie­ren müss­ten, um nicht hand­lungs­un­fä­hig in Bezug auf ihr Gewer­be zu werden.
Frag­lich ist nach Auf­fas­sung eini­ger For­schungs­in­sti­tu­te zudem, ob eine Umwelt­zo­ne über­haupt erfolgs­ver­spre­chend sein kann. Im Bereich der Fein­staub­emis­sio­nen waren sich die Refe­ren­ten dar­über einig, dass nur etwa ein Vier­tel des Fein­staubs vom Ver­kehr ver­ur­sacht wer­de. Eine umfang­rei­che Ent­las­tung ist somit nicht unbe­dingt dadurch gege­ben, dass man ein paar Fahr­zeu­ge vom Ver­kehr aus­schließt. Außer­dem wer­de der vom Ver­kehr ver­ur­sach­te Anteil am Fein­staub nur etwa zur Hälf­te im Motor erzeugt, die ande­re Hälf­te ent­ste­he durch Auf­wir­be­lun­gen von der Stra­ße. Für Osna­brück ist die Fein­staub­be­las­tung nach eini­gen Sta­tis­ti­ken kein Pro­blem, da die Mess­wer­te 2007 und 2008 in dem Bereich, der erst ab 2010 von der EU ver­bind­lich vor­ge­schrie­ben Grenz­wer­te, lagen. Eine Umwelt­zo­ne kön­ne ledig­lich die Stick­oxyd­be­las­tung verringern.
Um beur­tei­len zu kön­nen, wel­che Berei­che der Stadt beson­ders von Schad­stof­fen belas­tet sind, muss aus Kos­ten­grün­den auf eine Modell­rech­nung zurück­ge­grif­fen wer­den, die aus zwei Mess­sta­tio­nen in Osna­brück – eine in umit­tel­ba­re­rer Ver­kehrsnä­he und eine im „Hin­ter­grund“ – eine Pro­gno­se für jede Stras­se der Stadt ermög­li­chen soll. Zu Beden­ken ist dabei, dass vor allem im Bereich der Fein­staub­mes­sun­gen hier­bei Unge­nau­ig­kei­ten durch Wit­te­rungs­ein­flüs­se auftreten.
Ver­gli­chen mit ande­ren Län­dern ist die „Umwelt­zo­ne für PKW“ ein­zig­ar­tig. Wei­ter ver­brei­tet ist ein Fahr­ver­bot für LKW in bestimm­ten Berei­chen. Auch für Osna­brück könn­te ein sol­ches Fahr­ver­bot für den LKW-Durch­gangs­ver­kehr eine Alter­na­ti­ve sein. Unum­strit­ten ist, dass haupt­säch­lich der Schwer­last­ver­kehr für die Schad­stoff­be­las­tung ver­ant­wort­lich ist. Daher macht es durch­aus Sinn, gera­de hier anzu­set­zen. Solan­ge die Osna­brü­cker Wirt­schaft dadurch nicht beein­träch­tigt wer­de, kön­ne man mit der Osna­brü­cker CDU reden, dass bei­spiels­wei­se ein „pol­ni­scher LKW, der über Bre­men nach Bie­le­feld und dann wei­ter nach Hol­land fährt“, nicht durch Osna­brück fah­ren müs­se, nur um ein paar Euro Maut zu spa­ren oder einen Stau zu umfah­ren, merk­te Till Olaf Voß, Vor­sit­zen­der der Jun­gen Uni­on Osna­brück-Stadt, an.
Ein wei­te­rer Vor­schlag, der bei vie­len Anwe­sen­den gro­ße Zustim­mung fand, ist die Ver­bes­se­rung der Ver­kehrs­len­kung, die nicht nur die Umwelt schüt­zen, son­dern auch den Bür­gern zugu­te­kom­men wür­de. Zudem könn­te mit einer Ver­bes­se­rung der öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­tel eine Ein­schrän­kung der Schad­stoff­be­las­tun­gen erreicht werden.
Die der­zei­ti­ge Rechts­la­ge sieht vor, dass die Kom­mu­nen zwar ver­pflich­tet sind, einen Akti­ons­plan zu erstel­len, es wird aber nicht expli­zit eine Umwelt­zo­ne gefor­dert. Des Wei­te­ren kann eine Stadt sogar bean­tra­gen, dass die Ein­hal­tung der Grenz­wer­te erst ab 2015 zwin­gend not­wen­dig ist, wenn ent­spre­chen­de Maß­nah­men getrof­fen wer­den, die Schad­stoff­be­las­tung zu redu­zie­ren. Damit ist die Not­wen­dig­keit einer Umwelt­zo­ne ein­deu­tig anzu­zwei­feln. Vor allem ist frag­lich, ob der Nut­zen in einem Ver­hält­nis zu den Kos­ten in Höhe von min­des­tens 100.000€ steht.