Zum Haus­halt der Stadt Osna­brück 2015

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Rede zum Haus­halt 2015 des CDU-Fraktionsvorsitzenden
Dr. E. h. Fritz Brickwedde:
“Kon­rad Ade­nau­er pfleg­te zu sagen: „Die Lage war noch nie so ernst!“
Hier­an fühlt man sich erin­nert, wenn die Rah­men­be­din­gun­gen und Her­aus­for­de­run­gen für den Haus­halt der Stadt Osna­brück betrach­tet werden.
1. Ausgangslage
Die Stadt. wer­ke füh­ren zwei Mil­lio­nen weni­ger an die Stadt ab, weil der euro­päi­sche CO2-Emis­si­ons­han­del nicht funk­tio­niert. Alte Koh­le­kraft­wer­ke ver­drän­gen neue Gas­kraft­wer­ke. Kli­ma­po­li­tisch ein Irr­sinn! Für die Stadt­wer­ke bedeu­tet das hohe Abschrei­bun­gen und für die Stadt weni­ger Einnahmen.
Die Spar­kas­se muss wegen stren­ge­rer Basel-Vor­schrif­ten mehr Sicher­hei­ten ein­bau­en und die Eigen­ka­pi­tal­quo­te erhö­hen. Die Fol­ge: Es gibt kei­ne Aus­schüt­tung an die Stadt.
Die Osna­brück­Hal­le hat­te und hat erheb­li­chen Inves­ti­ti­ons­be­darf, um sich am Tagungs­markt zukünf­tig behaup­ten zu kön­nen. Der Neu­bau des Hotels an der Osna­brück­Hal­le wird hel­fen, aber zunächst müs­sen wir Mil­lio­nen investieren.
Der FMO muss über meh­re­re Jah­re ent­schul­det wer­den, um auch in Zukunft ein sta­bi­ler Fak­tor unse­rer Ver­kehrs­in­fra­struk­tur zu sein. Die­se Mil­lio­nen geben wir vor allem für den Wirt­schafts­stand­ort Osna­brück, der einen Flug­ha­fen braucht wie gute Eisen­bahn­ver­bin­dun­gen, Kanal und Hafen sowie drei Auto­bah­nen ein­schließ­lich des Lücken­schlus­ses A 33 Nord. Von einer guten Ver­kehrs­in­fra­struk­tur hän­gen zehn­tau­sen­de von Arbeits­plät­zen in Osna­brück ab.
Das Kli­ni­kum braucht über meh­re­re Jah­re unse­re finan­zi­el­le Hil­fe beim Sanie­rungs­pro­zess. Wer die­ses gro­ße Kran­ken­haus in kom­mu­na­ler Trä­ger­schaft hal­ten will, muss das Eigen­ka­pi­tal aufstocken.
Wir erwar­ten aber auch ver­gleich­ba­re Bei­trä­ge der Mit­ar­bei­ter, gera­de auch der Ärz­te und Chefärzte.
Wie wir die Thea­ter­sa­nie­rung und die zwei­te Feu­er­wa­che im Osten der Stadt finan­zie­ren kön­nen, wis­sen wir noch nicht. Wei­te­re Mil­lio­nen Inves­ti­tio­nen sind not­wen­dig, denn es geht um die Sicher­heit unse­rer Bürger!
Dass u. a. durch Zen­sus und Steu­er­ent­wick­lung rd. sie­ben Mil­lio­nen Euro weni­ger vom Land kom­men, platz­te mit­ten in die Haus­halts­ge­sprä­che und muss­te eben­falls Berück­sich­ti­gung finden.
Beden­ken soll­ten wir für die nächs­ten Jah­re auch drei erheb­li­che Risiken:
Wenn die Schul­den­brem­se in Bund und Land greift, kann das zu gerin­ge­ren Zuwei­sun­gen führen.
Gehen die Zin­sen nach oben, wird unser Spiel­raum noch enger.
Eine Ein­trü­bung der Kon­junk­tur kann zu deut­li­chen Steu­er­rück­gän­gen führen.
2. Wachstumsstrategie
Vor die­sem Hin­ter­grund muss sich Osna­brück ent­schei­den, ob es sei­ne Attrak­ti­vi­tät erhal­ten und aus­bau­en will. Dies geht nur mit zusätz­li­chen Ein­woh­nern und dar­aus fol­gernd zusätz­li­chen Steu­er­zu­wei­sun­gen. Zusätz­li­che Ein­woh­ner kön­nen wir nur mit neu­en Wohn­ein­hei­ten und Gewer­be­ge­bie­ten errei­chen. Wir müs­sen unse­rem expan­die­ren­den Mit­tel­stand und neu­en Unter­neh­men, die von außen kom­men, in Osna­brück alle Chan­cen geben. So ent­ste­hen auch neue Arbeits­plät­ze für Osna­brü­cker und neue Ein­woh­ner. Die Alter­na­ti­ve zu die­sem Wachs­tums­pfad wäre eine Spi­ra­le abwärts. Bei sin­ken­den Ein­woh­ner­zah­len müs­sen die Kos­ten auf immer weni­ger ver­teilt wer­den. Das gilt für kul­tu­rel­le Ein­rich­tun­gen bis hin zu Was­ser und Abwas­ser. Das führt dann wie­der­um zu höhe­ren Steu­ern und Gebüh­ren und beschleu­nigt Abwan­de­rung. Die­se Per­spek­ti­ve kön­nen wir heu­te in vie­len Städ­ten, z. B. des Ruhr­ge­biets, beob­ach­ten. Nicht umsonst haben meh­re­re Ruhr­ge­biets­städ­te die höchs­ten Gewer­be­steu­er­sät­ze der Bun­des­re­pu­blik Deutschland.
Wir haben des­we­gen den ande­ren Frak­tio­nen den Vor­schlag für eine sol­che Wachs­tums­stra­te­gie gemacht und unse­re Zustim­mung zu Steu­er­erhö­hun­gen, die uns nicht leicht fällt, davon abhän­gig gemacht, dass wir uns gemein­sam auf eine sol­che posi­ti­ve Zukunfts­ent­wick­lung der Stadt ver­stän­di­gen. Wir haben mit der Zähl­ge­mein­schaft ver­ab­re­det, dass wir in den nächs­ten fünf Jah­ren durch Pla­nungs­recht dafür sor­gen, dass min­des­tens 2500 bis 3000 neue Wohn­ein­hei­ten in Osna­brück ent­ste­hen. Auch ein Aus­bau der Gewer­be­flä­chen ist ver­ein­bart wor­den, damit neue Arbeits­plät­ze in Osna­brück entstehen.
Gleich­zei­tig haben wir zur Bedin­gung gemacht, dass von den zusätz­li­chen Mit­teln die z. B. durch die Gewer­be­steu­er­erhö­hung ein­ge­nom­men wer­den, neben neu­en Bau- und Gewer­be­ge­bie­ten in die Infra­struk­tur zusätz­lich inves­tiert wird. Unser Vor­schlag: Eine Mil­li­on zusätz­lich für die Sanie­rung unse­rer Schu­len und 500.000 Euro zusätz­lich für die bau­li­che Unter­hal­tung der Straßen.
All das bringt Auf­trä­ge für Osna­brü­cker Unter­neh­men, erhöht das Steu­er­auf­kom­men und sichert Arbeits­plät­ze. Der Zustand unse­rer Stra­ßen ist nicht gut. Wir müs­sen dort mehr tun. Schul­sa­nie­rung ist für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler wich­tig, ist aber auch wirt­schaft­lich. Seit 2003 bekom­men wir jähr­lich den Ener­gie­be­richt. Dar­aus geht her­vor, dass wir eine Mil­li­on pro Jahr mehr Ener­gie­kos­ten hät­ten, wenn wir nicht im letz­ten Jahr­zehnt in Effi­zi­enz­stei­ge­run­gen inves­tiert hätten.
Es geht um wach­sen oder wei­chen. Wir wol­len die Attrak­ti­vi­tät, die Ein­woh­ner­zahl und dadurch die Ein­nah­men stei­gern. Han­no­ver wächst, Braun­schweig wächst, Olden­burg wächst. Osna­brück muss die­ser Wachs­tums­pfad eben­falls gelingen.
3. Auf­ga­ben­kri­tik und Sparmaßnahmen
Wich­tig ist uns eine Balan­ce zwi­schen Steu­ern- und Abga­ben­er­hö­hun­gen auf der einen, sowie Auf­ga­ben­kri­tik und Spar­maß­nah­men auf der ande­ren Seite.
Wir haben bereits bewie­sen, dass wir spa­ren wol­len, um den Haus­halt zu kon­so­li­die­ren und Bür­ger sowie Wirt­schaft nicht zu stark zu belasten:
— Wir haben gegen den Ankauf des Ring­lok­schup­pen gestimmt.
— Wir haben bei der Ska­ter­an­la­ge Spar­vor­schlä­ge von 200.000 Euro gemacht.
— Wir haben gegen ein Gut­ach­ten zum The­ma Bus­zwangs­ab­ga­be gestimmt, da das Rechts­amt bereits alle zen­tra­len Fra­gen beant­wor­tet hatte.
— Wir haben ver­hin­dert, dass die OBG bis zu 800.000 Euro ver­lo­ren hät­te, indem Rot-Grün unrecht­mä­ßig ein wert­vol­les Grund­stück zu einem Nied­rig­preis einem Bewer­ber zuschanzt.
Allein die­se vier Bei­spie­le belau­fen sich auf über 3 Mil­lio­nen Euro.
Der Haus­halts­ent­wurf hat­te die o. g. Balan­ce nicht, weil Auf­ga­ben­kri­tik und Spar­maß­nah­men zu kurz kamen.
Die CDU-Frak­ti­on hat des­halb eine gan­ze Rei­he von Vor­schlä­gen gemacht, um die Finanz­si­tua­ti­on unse­rer Stadt zu verbessern.
Fol­gen­de Vor­schlä­ge wer­den von ande­ren Frak­tio­nen mit­ge­tra­gen, so dass hier­für Mehr­hei­ten stehen:
— 190.000 Euro weni­ger für Gut­ach­ter, Bera­ter und Untersuchungen.
— 50.000 Euro weni­ger für das Muse­um am Schölerberg.
— 100.000 Euro weni­ger für das Theater.
— 80.000 Euro weni­ger für den Fach­be­reich Kin­der, Jugend­li­che und Familien.
— 10.000 Euro weni­ger für den Fach­be­reich Umwelt und Klimaschutz.
— 150.000 Euro weni­ger für den OSB.
— 2 Mil­lio­nen Mehr­ein­nah­men durch den Ver­kauf des CUT.
— 1 Mil­li­on Mehr­ein­nah­men durch Ver­äu­ße­rung von städ­ti­schen Gebäuden.
4. Struk­tu­rel­le Ver­än­de­run­gen – dau­er­haf­te Entlastungen
Die­se über 3,6 Mil­lio­nen Euro die­nen der Ver­bes­se­rung unse­res Haus­halts. Wir wären noch wei­ter gegan­gen. Wir wären auch bereit gewe­sen, Ein­rich­tun­gen der Kin­der- und Jugend­ar­beit auf den Prüf­stand zu stel­len und durch Kür­zun­gen Anstö­ße zu Effi­zi­enz­stei­ge­run­gen zu geben.
Wir haben uns gemein­schaft­lich dar­auf ver­stän­digt, die Ver­wal­tung mit einer umfas­sen­den Unter­su­chung die­ser Ein­rich­tun­gen zu beauf­tra­gen, damit sie sich den aktu­el­len gesell­schaft­li­chen Ent­wick­lun­gen wie z. B. Ganz­tags­schu­len anpassen.
Wir haben aus acht Schwimm­bä­dern drei gemacht und die Stadt­teil­bi­blio­the­ken geschlos­sen, das waren schmerz­haf­te aber rich­ti­ge Ein­schnit­te. Auch bei den vie­len Ein­rich­tun­gen der Kin­der- und Jugend­ar­beit müs­sen wir Syn­er­gie­ef­fek­te heben, wie z. B. gemein­sa­me Küchen, oder auch prü­fen, ob die­se Ein­rich­tun­gen noch zukunfts­fä­hig sind oder aber ver­än­dert wer­den müs­sen, z. B. durch Über­nah­me frei­er Träger.
Vor allem der Trend zur Ganz­tags­schu­le wird sich aus­wir­ken auf die städ­ti­schen Ein­rich­tun­gen. Das wird eine wich­ti­ge Auf­ga­be der nächs­ten Jah­re sein. Vom Ost­bun­ker bis zur Alten Kas­se darf es kei­ne Tabus geben.
Bei den inter­frak­tio­nel­len Gesprä­chen haben wir Einig­keit erzie­len können:
— ​350.000 Euro Sach­kos­ten zu strei­chen und die Ver­wal­tung mit der kri­ti­schen Über­prü­fung z. B. von Print­pro­duk­ten zu beauftragen.
— ​500.000 Euro bei Zins­auf­wen­dun­gen zu ver­rin­gern und 1 Mil­li­on Euro bei Zins­er­trä­gen zu erhöhen.
— ​2,2 Mil­lio­nen haben wir als Ein­nah­men beim Gast­schul­geld­ver­trag in den Haus­halt gesetzt, weil wir eine höhe­re Erstat­tung vom Land­kreis in die­ser Grö­ßen­ord­nung erwarten.
— ​83.000 Euro plus zuzüg­lich Miet­ein­nah­men erwar­ten wir von der Umstruk­tu­rie­rung des Bildungsbüros.
Gemein­sam haben wir den Ver­wal­tungs­vor­schlag zur Erhö­hung der Ver­gnü­gungs­steu­er mit zusätz­lich 1,3 Mil­lio­nen Euro beschlos­sen. Dies haben wir nicht nur aus haus­hal­te­ri­schen Grün­den gemacht, son­dern auch um eine Len­kungs­wir­kung zu errei­chen, damit nicht immer mehr Spiel­hal­len in unse­rer Stadt aus dem Boden schießen.
Einig waren wir uns in den inter­frak­tio­nel­len Gesprä­chen auch dar­in, auf die Senio­ren­wo­chen nicht zu ver­zich­ten und die Mit­glied­schaft bei Gewi­Net und Eure­gio nicht zu beenden.
Wir wol­len auch auf den Aus­stel­lungs­ort Stadt­ga­le­rie nicht ver­zich­ten und leh­nen Kür­zun­gen bei den frei­en Trä­gern im Fach­be­reich Sozia­les und Gesund­heit um 1,5 % ab.
Auch dem Vor­schlag zur Abschaf­fung der Bei­trags­frei­heit für Geschwis­ter­kin­der in früh­kind­li­chen Ein­rich­tun­gen konn­ten wir nicht folgen.
Osna­brück muss fami­li­en­po­li­tisch vor­bild­lich blei­ben. Der Aus­bau der früh­kind­li­chen Ein­rich­tun­gen muss wei­ter­ge­hen. Auch das und bezahl­ba­re Gebüh­ren gehö­ren zur Attrak­ti­vi­tät Osna­brücks. Des­halb haben wir auch in Gesprä­chen mit der Zähl­ge­mein­schaft den Vor­schlag zur Gebüh­ren­er­hö­hung hal­bie­ren kön­nen durch eine Spar­ver­pflich­tung des Fachbereiches.
Ich fas­se zusammen:
1. ​Die Rah­men­be­din­gun­gen sind äußerst schwierig.
2. ​Wir brau­chen eine Wachstumsstrategie.
3. Die Balan­ce zwi­schen Steu­er- und Abga­ben­er­hö­hun­gen sowie Auf­ga­ben­kri­tik und Spar­maß­nah­men muss stimmen.
4. ​Wir brau­chen wei­te­re struk­tu­rel­le Ver­än­de­run­gen bei den Auf­ga­ben der Stadt, die zu dau­er­haf­ten Ent­las­tun­gen des Haus­halts führen.
Dank sagen möch­te ich Ober­bür­ger­meis­ter, Käm­me­rer und Finanz­ver­wal­tung sowie den Rats­kol­le­gen und vor allem dem Vor­sit­zen­den des Finanz­aus­schus­ses, Bür­ger­meis­ter Burk­hard Jasper, für die wie immer sehr gute Lei­tung der inter­frak­tio­nel­len Haus­halts­ge­sprä­che. Wir haben gezeigt, dass wir Kom­pro­mis­se für Osna­brück machen kön­nen und das Wohl unse­rer Stadt für uns an ers­ter Stel­le steht.”